cedia PRÄSIDENT:
Das Wort hat Amtsgerichtsrat Beitsch.
AMTSGERICHTSRAT BEITSCH: Die Humanisten
hätten einen ganz bestimmten Begriff geprägt, den der Acedia, den man mit »saure
Schärfe« oder »lustlose Schwäche« übersetzen könne, besser noch »gefühlsmäßige
Fehlhaltung«. Man könne noch weitergehen und sagen »Gefühlsarmut«. Sie finde
sich bei der Verurteilten. Gewisse Wertferne, Unfähigkeit, sich für die Schönheiten
und Werte des Lebens zu begeistern. Er spreche hier nicht als Theoretiker, sondern
als Praktiker: Wenn solche Fälle begegneten, so gebe es nur: hineinhauen mit
einer gezielten Strafe, denn eine Gesellschaft gebe sich selbst auf, wenn sie
Acedia dulde, die die alten Humanisten als Sünde erkannt hätten und die man
übrigens auch als »mürrische Verhärtung« bezeichnen könne. Sie sei selbst zwar
nicht strafbar, aber doch ein Strafbewertungsgrund.
DIREKTOR TACKE: Die Einführung
des vergessenen Begriffs Acedia scheine ihm begrüßenswert. Schon bei den Kindern
im Schulzusammenhang zeige sich, was Beitsch Acedia nenne. Sie gehe oft Hand
in Hand mit Gewinnstreben. - (
klu
)
Acedia
(2) Artlich wirdt die Accidia oder Trägheit
dem Biß eines wütigen Hundts verglichen/ denn wer von demselbigen gebissen
wirdt/ den vberkompt alsbald erschreckliche Träum/ er förchtet sich im
Schlaf/ wird Wütig/ Vnsinnig/ verwirft alles getranck/ förchtet das Wasser/
bellet wie ein Hund/ vnd wirdt dermassen forchtsamb/ daß er auß forcht
niderfelt. Dergleichen Leut sterben auch bald/ wann jhnen nicht geholfen
wirdt. - Aegidius Albertinus, nach: Walter Benjamin, Ursprung des deutschen
Trauerspiels. Frankfurt am Main 1972
Acedia (3) Acedia, secundum Damascenum, est quaedam tristitia aggravans, quae scilicet ita deprimit animum hominis ut nihil ei agere libeat; sicut ea quae sunt acida etiam frlgida sunt. Et idio acedia importat quoddam taedium operandi ... et a quibusdam dicitur quod acedia est torpor mentis bona negligentis inchoare ... Et ideo acedia est peccatum.
Nach Johannes von Damaskus ist der Überdruß
eine beschwerende Traurigkeit, die den Geist des
Menschen so niederdrückt, daß er alle Lust verliert, irgend etwas zu unternehmen,
wie das, was sauer ist, auch kalt ist. So bedeutet der Überdruß einen gewissen
Widerwillen gegen die Tätigkeit . . . Und einige sagen, der Überdruß sei die
Erschlaffung des Geistes, der es versäumt, mit dem
Guten zu beginnen . . . Also ist der Überdruß Sünde
- Thomas von Aquin, Summa Theologica. Nach dem Nachwort
zu: Tommaso Landolfi, La biere du pecheur. Reinbek bei Hamburg 1994
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