bwasch  In der Küche machte sich Pnin bereit, das Geschirr zu spülen. Er legte sein seidenes Jackett ab, seine Krawatte, sein Gebiß. Zur Schonung seiner Hemdbrust und seiner Smokinghose band er sich eine getüpfelte Soubrettenschürze vor. Von den Tellern kratzte er verschiedene Restchen in eine braune Papiertüte, um sie später einem räudigen kleinen weißen Hund mit rosa Flecken auf dem Rücken zu geben, der ihn nachmittags manchmal besuchen kam - es gab keinen Grund, warum das Unglück eines Menschen dem Glück eines Hundes im Wege stehen sollte.

Für das Porzellan, die Gläser und die Silberbestecke bereitete er im Abwaschbecken ein Schaumbad, und mit unendlicher Behutsamkeit versenkte er die aquamarinblaue Schale im lauwarmen Schaum. Als sie im Spülwasser verschwand, gab ihr klingendes Flintglas einen Ton von gedämpfter Sanftheit von sich. Er spülte die bernsteinfarbenen Kelchgläser und das Silber unter dem Hahn ab und tauchte sie in denselben Schaum. Dann fischte er Messer, Gabeln und Löffel heraus, spülte sie ab und begann sie abzuwischen. Er arbeitete sehr langsam und mit einer gewissen Unbestimmtheit in seinen Verrichtungen, der bei einem weniger systematischen Menschen als ein Dunst von Geistesabwesenheit hätte gelten können. Die abgewischten Löffel bündelte er zu einem Sträußchen, stellte sie in einen Krug, den er abgewaschen, aber noch nicht abgetrocknet hatte, nahm sie einen nach dem anderen wieder heraus und rieb sie abermals ab. Unter dem Schaum, um die Kelchgläser herum und unter der melodiösen Schale tastete er nach etwa vergessenem Silber — und brachte einen Nußknacker zum Vorschein. Der heikle Pnin spülte ihn und war gerade dabei, ihn abzuwischen, als das langbeinige Ding irgendwie aus dem Geschirrtuch schlüpfte und herunterfiel wie ein Mann von einem Dach. Fast hätte er ihn aufgefangen — seine Fingerspitzen berührten ihn im Fallen, aber das trug nur dazu bei, ihn in den den Schatz bergenden Schaum des Spülbeckens zu dirigieren, wo auf das Eintauchen das qualvolle Klirren splitternden Glases folgte.

Pnin schleuderte das Küchentuch in eine Ecke, wandte sich ab und starrte einen Augenblick in die Schwärze jenseits der Schwelle der offenen Hintertür. Ein ruhiges kleines grünes Insekt mit geklöppelten Flügeln kreiste im Schein einer starken nackten Lampe über Pnins glänzendem Kahlkopf. Mit seinem zahnlosen, halb offenstehenden Mund und einem trüben Tränenschleier in seinen leeren, ungerührten Augen wirkte er sehr alt. Dann ging er mit einem Seufzer gequälter Vorahnung zum Spülbecken zurück, faßte sich ein Herz und langte mit der Hand tief in den Schaum. Ein Glassplitter stach ihn. Vorsichtig holte er ein zerbrochenes Kelchglas heraus. Die schöne Glasschale war unversehrt. Er nahm ein frisches Geschirrtuch und fuhr in seiner Hausarbeit fort.  - Vladimir Nabokov, Pnin. Reinbek bei Hamburg 2004 (zuerst 1957)

Abwasch (2)  Ordnung kommt keine in die Welt, solange der Abwasch nicht vor dem Essen abgewaschen werden kann. Soziologische Reihen, auch billige Ausgaben, helfen da nicht. Und der grandiose Grundgedanke der Psychologie, Herkunft bäbä gleich Denken bäbä, erweist sich als ungenügendes Laxativum.

Man kann das Problem nur diktatorisch umgehen anstatt die Teller stehen zu lassen, aber schließlich weiß doch jeder, daß der kolumbianische Knoten und das gordische Ei keine beweiskräftigen Lösungen sind. Letzten Endes wird immer bewiesen, wie sinnvoll die Anarchie ist.  - (eich)

Abwasch (3)   Mama und Tante Ruth waren nach dem Abwasch des Geschirrs immer ganz erschöpft, zumal wenn Holanda und ich die Teller abtrockneten, weil es dann Debatten gab, auf dem Boden landende Löffelchen, Sätze, die nur uns verständlich waren, und im allgemeinen eine Atmosphäre, in der der Geruch nach Fett, das Miauen von Jose und die Dunkelheit der Küche in einem wüsten Streit mit anschließendem Kuddelmuddel endeten. Holanda hatte sich darauf spezialisiert, dieser Art Unruhen zu stiften, indem sie beispielsweise ein schon abgewaschenes Glas in den Blechbottich fallen ließ oder wie nebenbei bemerkte, daß es bei den Loza für jede Hausarbeit zwei Dienstmädchen gab. Ich wandte andere Strategien an, redete lieber Tante Ruth ein, daß ihre Hände rissig werden würden, wenn sie weiterhin die Tiegel scheuerte, anstatt sich den Tassen oder Tellern zu widmen, die aber gerade Mama mit Vorliebe abzuwaschen pflegte, wodurch ich sie heimlich in einen Streit über die Bevorteilung durch die leichtere Arbeit verwickelte. Der heldenhafte Ausweg, wenn wir der Ratschläge und langatmigen Familienerinnerungen leid wurden, war, kochendes Wasser auf den Rücken der Katze zu kippen. Der Spruch von der wasserscheuen Katze ist eine glatte Lüge, es sei denn, er bezieht sich ausdrücklich auf das kalte Wasser; denn dem heißen ging Jose niemals aus dem Weg, ja das gute Tierchen schien sich förmlich anzubieten, daß man ihm eine halbe Tasse Wasser übergoß, das hundert Grad oder nicht viel weniger, wahrscheinlich aber sehr viel weniger heiß war, denn die Haare fielen ihm nie aus.  - Julio Cortázar, Die Nacht auf dem Rücken. Die Erzählungen Bd. 1. Frankfurt am Main 1998

Hausfrauenarbeit

 

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme