bschaum Ich interessierte meinen Vater nicht mehr. Am Grunde seines
Hirnkastens war seine feststehende Meinung über mich verankert, ich sei die
Niederträchtigkeit in Person! Ein unheilbarer Trottel! Basta! Die Ängste, die
Sorgen edlerer Naturen lägen mir fern... Ich würde bestimmt nicht im Leben allen
Schrecken wie einen Pfahl im Fleisch tragen! Und mit ihm immerfort in mir herumwühlen!
Nein! Nein! Würde ich mir den Stiel immer weiter hineinstoßen? Besser? Tiefer?
... Um vor Schmerz immer lauter zu brüllen! Gewiß nicht! Würde ich hier in der
Passage zum Fakir werden? Für immer?... Um etwas Unerhörtes zu sein? Etwas Wunderbares?
Anbetungswürdiges! Ganz Vollendetes!... Ein der Familiensparsamkeit und Hingabe
entsprossener Heiliger!... Und noch hundertzehntausendmal sparsamer! Wie man
es nie gesehen hat! Weder in der Passage noch sonstwo auf der Welt!... In Teufels
Namen! Das Wunder aller Kinder! Aus den Vororten und der Provinz! Der erlesene,
phänomenale Sohn! Aber man durfte nichts von mir verlangen! Ich hatte eine ekelhafte
Veranlagung... Ich hatte keinen Brocken, keinen Pappenstiel Ehre im Leibe...
Ich war ganz eiterig, unnatürlich und widerwärtig! Ich hatte weder Zärtlichkeit
noch Zukunft!... Ich war trocken wie hunderttausend Knüttel! Ich war ein verstockter
Wüstling! Ein Kuhfladen Ein düsterer Unglücksrabe... Ich war die Enttäuschung
des Daseins! Ich war der personifizierte Kummer ... Und dabei aß ich mittags
und abends und trank auch noch den Morgenkaffee... Die Pflicht war erfüllt!
Ich war das Kreuz auf Erden! Ich würde nie ein Gewissen haben! Ich bestand
nur aus Trieben und einem Loch, in dem das armselige
Fressen der Familie und alle ihre Opfer verschütt gingen. Ich war gewissermaßen
ein Vampir... Es lohnte nicht, darauf zu achten...
- (
tod
)
Abschaum
(2) Der Barbiturat-Süchtige bietet einen entsetzlichen
Anblick. Er kann seine Bewegungen nicht mehr koordinieren, er taumelt, fällt
vom Barhocker, schläft mitten in einem Satz ein, das Essen fällt ihm aus dem
Mund. Er ist durcheinander, streitsüchtig und stupid. Und fast immer nimmt er
gleichzeitig noch andere Drogen; alles, was er nur kriegen kann: Alkohol, Benzedrin,
Opiate, Marihuana. Barbiturat-Süchtige sind der Abschaum in der Gesellschaft
der Junkies: »Goofball-Penner. Restlos verlottert.«
Tiefer kann man nur noch sinken, wenn man Leuchtgas durch Milchpulver oder Ammoniak
aus einem Eimer inhaliert (»Der Putzfrauen-Kick«). - Anhang zu (
lun
)
Abschaum
(3) Fleisch und Korruption
sind von Anfang an dagewesen und werden immer der Abschaum der Schöpfung bleiben,
das Gegenteil von Gottes Weisheit, Gnade und Pracht. Die Menschen werden es
irgendwie fertigbringen, auf der Oberfläche der Erde vorwärts und rückwärts
zu kriechen, bis Gottes Bund mit ihnen ein Ende nimmt und der Name des Menschen
für immer aus dem Buch des Lebens getilgt sein wird. - Der Tod des Methusalem,
nach: Isaac B. Singer: Max, der Schlawiner. Berlin 2011
Abschaum
(4) In finsteren Kerkerlöchern, in den Kasematten
der Zitadellen, auf offener Straße, in Verschwörerkellern und elenden Arbeiterwohnungen,
bei den Empfängen in Zarskoje-Selo und bei den Verhandlungen des Kriegsgerichts,
überall stieß man auf Monstren, heruntergekommene,
entgleiste, ausgestoßene, überspannte, zerrüttete menschliche Wesen: berufsmäßige
Terroristen, Spitzel im
Priestergewand, blutrünstige junge Aristokraten, unerfahrene, ungeschickte Henker,
grausam verzopfte und vor Angst zitternde Polizeioffiziere, traumatische Großfürsten,
Prinzen, stumm vor Gewissensangst, von schlaflosen Nächten, von den Fieberträumen
ihrer Verantwortung ausgezehrte Gouverneure. Narren, Narren, Narren, Feiglinge,
Verräter, Dummköpfe, Verbrecher, Duckmäuser, Betrüger, Denunzianten, Masochisten,
Mörder. Unzurechnungsfähige Tobsüchtige. Was für ein Krankheitsbild, was für
ein Experimentierfeld! - (
mora
)
Abschaum
(5) Fleisch und Korruption sind von Anfang an dagewesen
und werden immer der Abschaum der Schöpfung bleiben, das Gegenteil von Gottes
Weisheit, Gnade und Pracht. Die Menschen werden es irgendwie fertigbringen,
auf der Oberfläche der Erde vorwärts und rückwärts zu kriechen, bis Gottes Bund
mit ihnen ein Ende nimmt und der Name des Menschen für immer aus dem Buch des
Lebens getilgt sein wird. - Der Tod des Methusalem, nach: Issac
Bashevis Singer: Max, der Schlawiner. Berlin 2011
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