blösesumme
Der Vorwurf des Menschenhandels, gemünzt auf die Verwaltung, hatte
mit Sicherheit die Inhaftierung zur Folge, vielfach aber rächte sich die Verwaltung
an diesen Personen, ihre Auslieferung wurde auf die lange Bank geschoben oder
sie unterblieb sogar. Daher kam der genannte Vorwurf in den allermeisten Fällen
von denjenigen, die schon deportiert waren und damit in Sicherheit... man ahnte,
daß es diesen Leuten um ihnen überhöht erscheinende Ablösesummen ging, die für
sie aufgebracht worden waren, und deren Rückzahlung an die Aufkäufer sie zu
vermeiden trachteten. Niemand wußte, ob solches dem einen oder anderen je geglückt
war, hier waren nur die unmittelbaren Folgen dieses Verhaltens sichtbar: unmäßig
lange Haftzeiten für die, über deren Preis man sich noch nicht einig war, stagnierende
Verhandlungen, unnötige Härte der Verwaltung, die zu zeigen hatte, daß sie nicht
erpreßbar war ... oder aber sie schien endlos viel Zeit zu benötigen, um sich
der künftigen Loyalität derjenigen zu versichern, die man auszuliefern gedachte.
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Wolfgang Hilbig: Er, nicht ich. In: W.H., Grünes grünes Grab. Frankfurt am Main
1993
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