bleger    Die Divisionisten nehmen eine mittlere Position ein. Man könnte sie'durchaus als gemäßigt bezeichnen.... >Divisio-nisten< heißen sie aus gutem Grund: sie vermehren sich buchstäblich durch Teilung. Sie schneiden sich kleine Stücke aus dem Fleisch und züchten damit in einer Nährlösung exakte Ableger ihrer selbst. Wenn der Teilungsprozeß nicht aufgehalten wird, dürfte damit zu rechnen sein, daß der Planet am Ende nur noch von einem Menschen mit gleichgeschlechtlichen Ablegern bevölkert wird, d.h. auf der ganzen Welt wird es nur noch eine einzige Person mit Millionen von separaten Körpern geben... Werden das wirklich unabhängige Körper sein? Und könnten sie im Lauf der Zeit unterschiedliche Eigenschaften entwickeln? Ich bezweifle es. Ahleger müssen sich von Zeit zu Zeit wieder an der Mutterzelle aufladen. Für die Divisionisten ist das ein Dogma, denn sie leben in ständiger Angst vor einer Revolution ihrer Ableger... Manche Divisionisten denken, der Prozeß lasse sich aufhalten, ehe einer mit seinen Ablegern eine Monopolstellung erlangt. Sie sagen: »Ich will nur noch ein paar Ableger mehr in Umlauf bringen, damit ich nicht so allein bin, wenn ich mal in eine andere Gegend komme... Und die Vermehrung von Unerwünschten müssen wir rigoros unterbinden.« Jeder Ableger, der nicht von einem selbst stammt, ist letzten Endes ein »Unerwünschter«. Wenn einer anfängt, eine ganze Gegend mit Identischen Ablegern zu überschwemmen, weiß natürlich jeder, was los ist; und es kann passieren, daß die Mitbürger auf ein »Schluppit« erkennen {pauschales Ausmerzen aller identifizierbaren Ableger). Um einer Ausrottung seiner Ableger zu entgehen, gibt man ihnen eine andere Hautfarbe, oder man verändert Gesichtszüge und Körperbau, indem man entsprechende Gußformen verwendet. Nur restlos verlotterte und hemmungslose Individuen lassen sich dazu hinreißen, I.A.s (Identische Ableger) zu produzieren.

Ein kretinöser Albino von einem Caid, Endprodukt einer langen Reihe rezessiver Gene (winziger zahnloser Mund mit einem Kranz von schwarzen Haaren; Körper eines riesigen Krebses; Krebsscheren anstelle von Armen; Augen an langen Stielen), hat es bereits auf 20000 I.A.s gebracht.

»Ableger, so weit das Auge reicht«, sagt er und kriecht auf seiner Terrasse herum. Seine Stimme hat einen eigenartigen Klang. Wie das Zirpen eines Insekts. »Ich muß mich hier nicht verstecken und mir meine Ableger in der Mistgrube züchten und sie heimlich als Klempner und Lieferanten getarnt in Umlauf bringen... Keine plastische Chirurgie und keine barbarischen Bleich- und Färbmethoden verunstalten die strahlende Schönheit meiner Ableger. Nackt zeigen sie sich aller Welt im vollen Tageslicht, ein leuchtendes Beispiel für die Vollkommenheit von Körper,

Antlitz und Seele. Ich habe sie mir zum Bilde erschaffen und ihnen aufgegeben, sich zu mehren und geometrisch zu vervielfältigen, auf daß sie sich die Erde Untertan machen.«

Ein professioneller Zauberer wurde herbeizitiert, um Scheich Aracknids Ablegerkulturen für alle Zeiten steril zu machen... Als der Zauberer Anstalten machte, einen Schwall von Anti-Orgonen loszulassen, sagte Benway zu ihm: »Brich dir keinen ab. Fredericks Ataxie bringt dieses Ablegernest von alleine auf Null. Ich habe Neurologie bei Professor Fingerbottom in Wien studiert... und der kannte jeden einzelnen Nerv im menschlichen Körper. Prächtiger alter Knabe... Nahm ein unrühmliches Ende... Saß gerade beim Duc de Ventre im Wagen, da fielen ihm hinten die Gedärme raus und wickelten sich um das eine Hinterrad des Hispano Suiza. Er wurde restlos ausgeweidet, und auf dem Polstersitz aus Giraffenleder saß nur noch eine leere Hülle... Und dann flutschten ihm mit einem gräßlichen SCHLUP sogar noch Augen und Hirn .raus. Der Duc de Ventre sagt, daß ihn dieses grauenhafte SCHLUP bis in sein Mausoleum verfolgen wird.«

Es gibt keine sichere Methode, nach der man einen frisiertem Ableger erkennen kann ,—wenn auch jede? Divisionist irgendein Erkennungsprinzip anwendet, das er für unfehlbar hält. Die Divisionisten sind deshalb alle hysterisch und begegnen jedem mit krankhaftem Mißtrauen. Sobald sich einer dazu hinreißen läßt, eine liberale Ansicht zu äußern, blafft ihn ein anderer unweigerlich an: »Was bist denn du für einer? Vielleicht ein gebleichter Ableger von nem verstunkenen Nigger?«

Die Zahl derjenigen, die bei Schlägereien in Kneipen tot auf der Strecke bleiben, ist atemberaubend. Die Angst vor Neger-Ablegern—die durchaus blond und blauäugig sein können—hat bereits ganze Landstriche entvölkert.

Ob latent oder offen—alle Divisionisten sind schwul. Gehässige alte Tunten erzählen den jungen Boys: »Wenn ihr mit einer Frau geht, wachsen eure Ableger nicht mehr.«

Und ständig ist irgendwo einer dabei, die Ablegerkulturen eines anderen mit einem Fluch zu belegen. Unablässig hallt es durch die Gegend: »Komm, Biddy Blair, und verhex mir die Kultur da!«, und danach ist im Viertel regelmäßig der Teufel los... Überhaupt praktizieren die Divisionisten ausgiebig Schwarze Magie, und sie kennen eine Unzahl von unterschiedlich wirksamen Zauberformeln zur Vernichtung der Mutterzelle (auch >Protoplasma-Daddy< genannt), wobei jedesmal ein entführter Ableger gefoltert oder getötet wird... Die Behörden haben inzwischen jeden Versuch aufgegeben, die unter Divisionisten üblichen Morde und das unerlaubte Produzieren von Ablegern zu unterbinden. Vor den Wahlen allerdings führen sie Razzien durch und zerstören umfangreiche Ablegerkulturen in den Gebirgsregionen der Zone, wo sich illegale Züchter versteckt halten.

Sex mit einem Ableger ist streng verboten und wird so gut wie überall praktiziert. Es gibt Schwulenpinten, in denen es schamlose Bürger offen mit ihren Ablegern treiben. In Hotels stecken Hausdetektive den Kopf zur Tür herein und fragen: »Haben Sie einen Ableger hier drin?«   -(lun)