bholen
Meist kam mein Mann mich von der Straßenbahn abholen mit der
ich von der Arbeit aus meinem Hotel Paris zurückkehrte Mitunter
kam er jedoch nicht und dann wußte ich sofort daß er zu Hause war im Bett
lag zuviel getrunken hatte und sich schämte Das war typisch
für meinen Mann im nachhinein schämte er sich immer für diese Saufereien
und wenn ich dann heimkam lag er lieber im Bett damit ich nicht sah wie
er torkelte Heute war er nicht gekommen um mich abzuholen
und ich schritt durch die verlassene Straße Am Damm Niemand
kam vorüber und als ich um die Ecke bog und schon die Gaslampe vor unserem
Haus sah atmete ich erleichtert auf und zog den Schlüssel aus der Handtasche
Da stürzte aus der Ludmillagasse ein Mann auf mich zu
sein Hosenschlitz stand offen und er hielt sein Glied
in der Hand ich lief los die Beine versagten und dieser Mann rannte hinter
mir her er schnaufte schon fast in mein Haar und
ich hörte wie er zischte und mit gedämpfter Stimme
all das aufzählte was er mit mir anstellen wollte es war grauenhaft was
er da sagte Manchmal redete auch mein
Mann sehr unanständig wenn wir diese Dinge machten eigentlich alle
Männer selbst mein Kleinod Jirka hatte mir wenn
wir diese Dinge machten unanständige Sätze gesagt und er war geil gewesen
wie ein brünstiges Wildschwein das alles
gehörte aber wahrscheinlich zu dem was man Liebe
nennt dieser Kerl in meinem Rücken redete jedoch auf mich ein und ich rannte
bis zu unserer Tür konnte aber vor Schreck den klappernden Schlüssel
nicht ins Schloß stecken der Mann stand ganz nah hinter mir onanierte
und schleuderte mir weitere schreckliche Sätze nach in denen er mir versprach
mich zu ermorden und ich stemmte mich wie gelähmt gegen die Tür
und drückte die Klinke zum Glück war die Tür unverschlossen und ich stolperte
in den dunklen Hausflur und als ich mich umdrehte um unsere Tür zuzuschlagen
spritzte dieser Mann bereits seinen Samen gegen
die Tür ich hörte noch wie er ihn mit der Hand auf die Klinke schmierte
und bot meine letzten Kräfte auf steckte den Schlüssel
ins Schloß und drehte ihn herum und dann stand ich an die Tür
gelehnt da und als wüßte es dieser Mann da draußen auf der Straße zischte
er nochmals von ganz nah seine unanständigen Sätze mit denen er wieder
drohte mich zu vergewaltigen und danach umzubringen
Und mit beiden Händen stützte ich mich gegen die feuchte Wand und als ich
den Hof betrat war ich dermaßen schwach daß ich auf allen vieren von einer
Stufe zur anderen kroch und da oben im Hof brannte auch schon Licht in
unserem Fenster und als ich die Klinke herunterdrückte und in die Wohnung
schwankte war alles genau so wie ich es erwartet hatte Mein
Mann lag lächelnd im Bett
er hatte die Decke bis zur Nasenspitze hochgezogen
und erzählte mir gutgelaunt wer mich alles grüßen
lasse - (
hra3
)
Abholen (2) Bei jedem Schluck wurde
mein Chef irgendwie schöner, er behielt ihn eine Weile im Mund und schluckte
ihn dann herunter, als habe er ein Äpfelchen zu
sich genommen, und nach jedem Schluck erklärte er leise, darin sei die
Saharasonne... Er betrank sich zuweilen auch in Gesellschaft, dann fiel
er um, und seine angeheiterten Freunde riefen seine Frau herbei, sie solle
ihren Mann abholen, und diese kam auch, sie glitt im Fahrstuhl vom dritten
Stock herab, wo der Chef ein ganzes Appartement besaß, sie kam ruhig herbei,
es war keine Schande für sie, im Gegenteil, alle verneigten sich stets
vor ihr, und ob mein Chef unter dem Tisch lag oder auf dem Stuhl saß und
am Tisch schlief, die Frau packte ihn am Rockkragen, hob ihn mit spielerischer
Leichtigkeit hoch, als wäre er eine Jacke, und saß mein Chef auf dem Stuhl,
dann riß sie ihn hoch, doch der Chef fiel nicht auf den Boden, denn sie
fing ihn in der Luft auf, und da ihr dazu eine Hand genügte, trug sie ihn
gelassen und leicht, sie schwenkte ihn durch die Luft, als sei er tatsächlich
nur ein Überrock, wobei der Chef regelmäßig zu sich kam und mit dem Händchen
wedelte, soweit es ihm der gestraffte Rock gestattete, und seine Frau öffnete
energisch die Aufzugtür und warf meinen Chef, so wie sie ihn hielt, in
den Fahrstuhl hinein. Sie selbst stieg nach ihm ein und drückte auf den
Knopf. Wir sahen durch die Glastür, wie unser Chef auf dem Boden lag und
seine Frau neben ihm stand und wie sie himmelwärts zum dritten Stock schwebten.
- Bohumil Hrabal, Ich habe den englischen König bedient. Frankfurt
am Main 1990 (zuerst 1971)
Abholen (3) Lamoine Swafford betrat den Raum, gab uns beiden die Hände und fragte, wie er uns weiterhelfen könne. Er war in einen weißen Anzug gekleidet, der vor Jahrzehnten sicherlich blendend ausgesehen hatte. Er war Mitte bis Ende siebzig und es umgab ihn die Aura eines freundlichen Schäfers, der sich durch seine Herde bewegt. Er sagte, er habe keine Unterlagen über einen Dylan Weinberg oder einen Victor Weinberg.
»Das ist auch nicht besonders überraschend«, sagte Rambam. »Wenn ein Elternteil plant, sein eigenes Kind auszusetzen, verwendet er bestimmt nicht seinen richtigen Namen.«
»Meine Mutter schon«, sagte Swafford. »Sie hat mich an einem kleinen Ort wie diesem in Albany zurückgelassen, als ich vier Jahre alt war. Zum Abschied hat sie mich geküßt und versprochen, sie würde mich wieder abholen, wenn es ginge.«
»Ist sie jemals zurückgekommen?« fragte ich.
»Noch nicht«, sagte Lamoine Swafford. - Kinky Friedman, Katze, Kind
und Katastrophen. Berlin 2007 (zuerst 2002)