bhärtung Wir finden, daß alle die, welche ein sehr hohes Alter erreichten, solche Menschen waren, die in der Jugend Mühe, Arbeit, Strapazen ausgestanden hatten. Es waren Matrosen, Soldaten, Tagelöhner. Ich will nur an den nzjährigen Mittelstadt erinnern, der schon im 15. Jahre Bedienter und im 18. Jahre Soldat war, und alle preußischen Kriege seit Stiftung der Monarchie mitmachte.
Eine solche Jugend wird die Grundlage zu einem langen und festen Leben auf
eine doppelte Art: teils indem sie dem Körper jenen Grad von Festigkeit und
Abhärtung gibt, der zur Dauer notwendig ist; teils indem sie dasjenige möglich
macht, was hauptsächlich zum Glück und zur Länge des Lebens gehört, das Fortschreiten
zum Bessern und Angenehmem. Der, der in der Jugend alle Bequemlichkeiten und
Genüsse im Überfluß hatte, hat auch nichts mehr zu hoffen. - (
huf
)
Abhärtung (2) Eisenbeißer
versuchte, an der Nahrung seiner Kinder zu sparen.
In der Tat sagte er, was würde aus diesen armen Waisenkindern werden, wenn ich
nicht mehr da wäre? Die Folge war, daß die unglücklichen Kleinen ganz mager
waren. Es hieß sogar, daß dem Ältesten der Knaben im Verlauf einer furchtbaren
Fastenperiode der Adamsapfel durch die Haut des Halses gestoßen sei. - (
eisen
)
Abhärtung (3)
Abhärtung (4) Merkwürdig, daß er wußte:
die lehnen dich ab ... und trotzdem immer wieder zu den jungen Leuten ging.
Und er betrachtete sich selber, als stünde er neben sich, merkte, daß es ihm
schmerzhaft zumute wurde, wenn er mit denen redete, wollte sich aber abhärten
und sagte zu sich selber: schließlich mußt du wissen, in welcher Zeit du lebst;
ausweichen kannst du nicht. Lerne sie kennen, deine Zeitgenossen, und was sie
bewegt. - Hermann Lenz, Seltsamer Abschied. Frankfurt
am Main 1990
Abhärtung (5) Oskar
will Ihnen keine winterlichen Schauer über den Rücken jagen. Kurz sei berichtet:
der Gemüsehändler Greif nahm während der Wintermonate zweimal in der Woche ein
Bad in der Ostsee. Mittwochs badete er alleine am frühesten Morgen. Um sechs
fuhr er los, war um halb sieben da, hackte bis viertel nach sieben das Loch,
riß sich mit raschen, übertriebenen Bewegungen die Kleider vom Leib, sprang
in das Loch, nachdem er sich zuvor mit Schnee abgerieben hatte, schrie in dem
Loch, singen hörte ich ihn manchmal: »Wildgänse rauschen durch die Nacht«, oder:
»Wir lieben die Stürme...« sang er, badete, schrie zwei, höchstens drei Minuten
lang, war mit einem Sprung schrecklich deutlich auf der Eisdecke: ein dampfendes
krebsrotes Fleisch, das um das Loch herum hetzte, immer noch schrie, nachglühte,
endlich zurück in die Kleider und aufs Fahrrad fand. Kurz vor acht war Greff
wieder im Labesweg und öffnete pünktlich seinen Gemüseladen. - Günter Grass, Die Blechtrommel.
Frankfurt am Main 1965 (zuerst 1958)
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