bendmahl   Der General Sparr ist zu seinen Lebzeiten ein großer Zauberer gewesen, und das kam daher, weil er einen Bund mit dem Teufel geschlossen hatte. So spie er zum Beispiel, wenn er Fische aß, die Gräten in einen Napf, goß Wasser darauf, und gleich wurden die Fische so lebendig wie zuvor. Auch durch die Luft flog er dahin, über Wälder und Seen. Oft sah man ihn so von seinem gräflichen Schloß in Prenden, von dem aus eine riesige Zugbrücke bis zu einer nahen Anhöhe führte, nach Lichterfelde fahren, das ihm ebenfalls gehörte. Ein Bauer sah ihn einmal gerade das Prendensche Schloß verlassen und folgte mit seinem schwerbeladenen Ackerwagen dicht hinterher. Da ging's auf einmal in die Höhe, und der Bauer fuhr immer hinterdrein. Wie im Sturm ging es über Feld und Wald, bis sie endlich wieder auf ebener Erde stillhielten. Der alte Sparr hatte das aber übel vermerkt. Er drehte sich schnell um, verabreichte dem Bauern ein paar tüchtige Maulschellen und sagte: »Diesmal habe ich dich noch so mitgenommen, und du kamst glücklich davon, aber versuch's nicht wieder!«

Ein anderes Mal fuhr er auch so durch die Luft, da fiel dem Kutscher die Peitsche aus der Hand und blieb am Kirchturm zu Biesenthal hängen. Als der Kutscher sich bücken wollte, um sie aufzuheben, da hielt ihn der alte Sparr zurück und sagte: »Bedenke, mein Sohn, wo du sitzest!« Und dann sind sie weitergefahren. Die Peitsche soll noch lange am Biesenthalschen Kirchrurm zu sehen gewesen sein. Als es nun endlich mit dem alten Sparr zu Ende ging, da hat er lang gelegen und hat nicht leben und nicht sterben können. Endlich haben sie ihm die Fußsohlen aufgeschnitten und dort die Oblaten gefunden, die er beim Abendmahl genossen hatte. Sobald sie ihm die aber herausgenommen hatten, ist auch seine Seele sogleich davongefahren.  - Lügenmärchen aus alter und neuer Zeit. Hg. Georg A. Narciß. Frankfurt am Main 1966 (Fischer-Tb. 744)

Abendmahle (2, farbige)   Während der zehn Jahre, in denen sie noch gesund genug war, um weiterhin Gäste zu empfangen, gab Madame Moreau ungefähr ein Abendessen pro Monat. Das erste war ein gelbes Essen: Gougère oder Käsegebäck auf Burgunderart, Hechtklöße holländisch, Wachtelragout mit Safran, Maissalat, Zitronen- und Guavensorbet, dazu Sherry, Château-Chalon, Châteaux-Carbonneux und Eispunch mit Sauternes. Das letzte war, neunzehnhundertsiebzig, ein schwarzes Essen, serviert in polierten Schiefertellern; es enthielt natürlich Kaviar, aber auch Tintenfisch auf tarragonische Art, einen Frischlingsrücken Cumberland, einen Trüffelsalat und eine Heidelbeer-Charlotte; die Getränke dieser allerletzten Mahlzeit waren etwas schwieriger auszuwählen: der Kaviar wurde mit Wodka serviert, der in Basaltbechern ausgeschenkt wurde und der Tintenfisch mit einem Harzwein von einem in der Tat sehr dunklen Rot, doch für den Frischlingsrücken ließ der Butler zwei Flaschen Château-Ducru-Beaucaillou 1955 verabreichen, zu diesem Anlass umgefüllt in Karaffen aus böhmischem Kristall, die genau die erforderliche Schwärze hatten.

Madame Moreau selbst rührte fast nie die Gerichte an, die sie ihren Gästen auftischen ließ. Sie hielt eine immer strenger werdende Diät ein, die ihr schließlich nur noch die Milch roher Fische, Hühnerbrust, gedämpften Edamer und getrocknete Feigen erlaubte. - Georges Perec, Das Leben  Gebrauchsanweisung. Romane.  Zürich 2017 (zuerst 1978)

 

Abendbror Sakrament

 

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Kannibalismus
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