bendlicht
Es ist das Licht des Hauses in vielen Augenblicken einfach
ein Abendlicht, so etwas wie eine Karikatur des Abendlichtes in der Welt. Das
Abendlicht hat bekanntlich die Eigenschaft, allen möglichen Lichtern am nächsten
zu sein, und also ist es auf der Schwelle zum weinroten, zum violetten und zum
finsteren Licht, aber ebenso auf der Schwelle zu einem Licht, das ich noch nicht
genannt habe, zu einem krachenden orangefarbenen Licht, das mich eindeutig herausfordert,
das kein Interesse für die Uhren hat, aber dessen Fragen ich nicht entziffern
kann. Es gehört nicht zu den Lichtern, die ich liebe, ich weigere mich aber
doch nicht, es zu bewohnen, denn es gehört zur Definition des Hauses, und ich
habe nie gedacht, das Haus sei mir freundlich gesinnt. Oder, besser, ausschließlich
freundlich. Das Abendlicht nicht, es ist beständig, aber es bekommt wässerige
Töne, glasige Töne oder auch die zarte Farbe der Flügel eines riesigen sterbenden
Insekts oder die Farbe einer Qualle in einem Spiegel, der von einer weit entfernt
stehenden Kerze beleuchtet wird. In solchen Augenblicken ist mir klar, daß das
Haus im Gegensatz zu dem, was ich bis jetzt scheinbar behauptet habe, bewohnt
ist, wenn es sich auch um diskontinuierliche Bewohner handelt, mit denen ich
zwar keine Erfahrung habe, aber Umgang pflege. - Giorgio Manganelli, Kometinnen
und andere Abschweifungen. Berlin 1997
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