bbiegen  Er war beim Stab und mit dem Divisionskommando in einem alten französischen Château untergebracht. Das Haus bewohnten sie nur zu einem kleinen Teil; der Rest war zwar versperrt, aber die Gänge waren so gewunden, daß es schwierig war, den nicht besetzten Teil nicht zu betreten. Eines Nachts, so erzählte er, wachte er mit einem mächtigen Durst auf, und da er sich durch das Wasser in seinem Schlafzimmer keine Cholera holen wollte, machte er sich auf den Weg zu jenem Raum, der als Messe eingerichtet worden war, um sich einen Whisky mit Soda zu holen. Den Raum konnte er nicht finden, obgleich er den Weg wie im Schlaf kannte. Er gab zu, daß er möglicherweise an der falschen Stelle abgebogen war, glaubte es jedoch nicht. Jedenfalls landete er in einem Gang, den er bisher noch nie gesehen hatte, und da er keine Kerze bei sich hatte, versuchte er, den Weg zurück in sein Zimmer zu finden. Wieder ging er in die Irre und tastete sich weiter, bis er einen Lichtschimmer sah, von dem er glaubte, daß er aus dem Zimmer des Generalstabsoffiziers kam, eines guten Freundes von ihm. Also torkelte er hinein und fand sich in einem großen, kaum erleuchteten Salon, in dem zwei Gestalten saßen, zwischen denen eine Lampe brannte, und das ganze Zimmer war von einem seltsamen, unerfreulichen Geruch erfüllt. Er machte einen Schritt nach vorn, und dann sah er, daß die Gestalten keine Gesichter hatten. Das erschreckte ihn zutiefst, und er stieß einen Schrei aus. Eine der beiden Gestalten rannte auf ihn zu, die Lampe ging aus, und der dickliche Geruch schnürte ihm plötzlich die Kehle zu. Danach erinnerte er sich an nichts mehr, bis er am folgenden Morgen mit fürchterlichen Kopfschmerzen in seinem eigenen Bett aufwachte. Er sagte, er hätte die Erlaubnis des Generals erhalten und den ganzen unbesetzten Teil des Hauses durchsucht, hätte das Zimmer jedoch nicht finden können. Alles wäre mit einer dicken Staubschicht bedeckt gewesen, und nirgends hätte sich ein Zeichen dafür gefunden, daß kürzlich Menschen dort gewesen wären.

Ich gebe die Geschichte so wieder, wie er sie mit seiner lässigen Stimme erzählte. »Wahrscheinlich war das ein echtes Erlebnis mit Gespenstern. Sie glauben mir nicht und nehmen an, ich wäre betrunken gewesen? Das war ich nicht. Bisher hat man noch nichts zusammenbrauen können, das mich so umschmeißen würde. Ich bin wahrscheinlich bloß in irgendeinen Spalt des alten Universums geraten und habe meinen Kopf hindurchgesteckt. Euch kann es jeden Tag genauso ergehen.«   - John Buchan, Mr. Standfast oder Im Westen was Neues. Zürich 1980 (zuerst 1919)